Vor 100 Jahren als Pflästerei gegründet, heute eine nationale Baufirma: das Ostschweizer Unternehmen Cellere. Bild: Kanton Thurgau
Unzählige italienische Saisonniers arbeiten im letzten Jahrhundert als Mineure, Maurer oder Betonierer auf den Baustellen der Schweiz. Kaum bekannt ist, dass Italiener auch als Unternehmer das Schweizer Baugewerbe prägen. Am Abendvortrag des Historischen Museums Thurgau am Donnerstag, 3. März 2022 widmet sich der Wirtschaftshistoriker Adrian Knoepfli den steilen Karrieren italienischer Fremdarbeiter.
Als jüngstes von sieben Geschwistern verlässt der elfjährige Francesco Vago 1897 sein Heimatdorf Carate Urio am Comersee und zieht mit einer Gruppe von Maurern in die Schweiz. In Zürich arbeitet er anfangs als Pflasterbub auf dem Bau – gut 60 Jahre später stirbt er als der angesehene Bauunternehmer Franz Vago im Thurgau.
Italianità in der Schweiz
Mit dem Eisenbahnbau kommen die ersten italienischen Arbeitskräfte in die Schweiz. Bald arbeiten viele ihrer Landsleute auch in den Ziegeleien und – vor allem Frauen – in der Textilindustrie. Einen Höhepunkt erreicht die Einwanderungswelle in der Hochkonjunktur nach dem Zweiten Weltkrieg. In Italien werden Gastarbeiter, die sogenannten Saisonniers, aktiv angeworben. Die Italiener bilden die grösste Einwanderungsgruppe in der Schweiz und bringen Italianità über die Alpen. Einige der Migranten gründen eigene Unternehmen. Als die italienischsprachige Bevölkerung wächst, eröffnen italienische Restaurants, Weinhandlungen sowie Früchte- und Gemüseläden, aber auch Coiffeure.
Scheinwerfer auf Tellerwäscherkarrieren
Während die Geschichte der Saisonniers relativ gut erforscht ist, stehen die eingewanderten Unternehmer selten im Fokus. Kaum jemand weiss, dass bereits in den 1920er-Jahren jedes vierte Bauunternehmen einen italienischen Namen trägt. Zahlreiche Strassen werden von Betrieben wie Vago oder Cellere gebaut. Am Abendvortrag präsentiert Adrian Knoepfli einen Einblick in die Lebensgeschichten italienischer Unternehmer, die in der Schweiz etwas wagten – und erfolgreich wurden.
Die Veranstaltung findet um 18 Uhr im Rathaus Frauenfeld statt. Der Eintritt ist frei und die Anmeldung erfolgt online über www.historisches-museum.tg.ch.
Vor 100 Jahren als Pflästerei gegründet, heute eine nationale Baufirma: das Ostschweizer Unternehmen Cellere. Foto: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv