Marcel Ruchet, Leiter der kantonalen Steuerverwaltung: «Die Grundstückgewinnsteuer-Einnahmen sind rekordverdächtig».
Wie werden sich die Steuern in den nächsten Jahren entwickeln? Darüber sprach der Leiter der Steuerverwaltung Thurgau, Marcel Ruchet, am Behördenapéro der Arbeitgeber Mittelthurgau.
Um auch allen pandemiegemässen Vorschriften Genüge zu tun, traf man sich am Montag in der geräumigen Mehrzweckhalle in Erlen, wo der Präsident der Arbeitgeber Mittelthurgau, Dominik Hasler, Weinfelden, rund 30 Mitglieder und Gäste begrüssen konnte. Unter diesen befand sich mit Marcel Ruchet auch der Leiter der kantonalen Steuerverwaltung. Dieser sprach – nachdem Gemeindepräsident Thomas Bosshard kurz die wirtschaftliche Perspektive Erlens vorgestellt hatte («wir erwarten, dass wir dieses Jahr bis zu 100 Baubewilligungen ausstellen, aktuell sind wir bei 94») zum Thema «Steuerentwicklungen in Zeiten der Corona-Pandemie/Massnahmen gegen Steuerverluste».
Der Traum von einer einheitlichen Steuern-Software:
Generell seien die 119 Vollzeitbeschäftigten im kantonalen Steueramt gegenwärtig vor allem mit den Grundsteuern und dem Bezug «gut ausgelastet». Dabei werde die Informatik immer wichtiger, auch wenn man mit sieben Vollzeitstellen gegenüber anderen Kantonen – wie zum Beispiel Bern mit 40 – deutlich hinterherhinke. Auch im Steueramt gelte, was gegenwärtig in anderen Branchen der Fall sei: «Informatiker zu kriegen, ist aktuell sehr schwierig», so Ruchet. Dabei habe der Thurgau zwar eine sehr gute, zugleich aber auch sehr alte Steuersoftware. «Wir haben eigentlich alles, was wir brauchen. Unsere Software für die Grundsteuern von 1993 ist eine Eigenentwicklung, die super läuft, aber von Microsoft nicht mehr unterstützt wird. Die haben wir letztes Jahr notdürftig geflickt, so dass sie noch fünf Jahre hält. Das Problem für uns ist, dass heute keine Anbieter mehr uns das bieten, was diese Software kann», so Ruchet. Generell wäre es wünschenswert, wenn man mittelfristig alle 27 schweizerische Steuersysteme vereinheitlichen könnte. «Das würde verhindern, dass viele Ressourcen gebunden werden. Denn eine neue Software muss immer ausgiebig getestet werden», so Ruchet.
Jährlich 2’000 Steuerzahlende mehr
In Sachen Steuerbelastung befände sich der Thurgau mit 33,7 Prozent bei den natürlichen Personen auf Rang 12 von 26 Kantonen. «Wir sind im gesunden Mittelfeld einer Liga, die von Zug (22,4 Prozent) angeführt wird und bei er Genf mit 44,75 Prozent das Schlusslicht bildet», so Ruchet. Positiv wirke sich aus, dass der Thurgau seit einigen Jahren jährlich um rund 2’000 Steuerpflichtige wachse. Insgesamt 263 Thurgauer Unternehmen nahmen fürs Jahr 2019 eine Corona-Rückstellung vor; insgesamt konnte so die Liquidität der Firmen um total 19,3 Millionen Franken erhöht werden.
Landpreise in astronomischen Höhen
Als «schon bemerkenswert» bezeichnete Ruchet die Entwicklung der Bodenpreise im Thurgau. Aktuell verzeichne der Kanton «rekordverdächtige Grundstückgewinnsteuer-Einnahmen». Gehe der Trend ungebrochen weiter, so könne es sein, dass «wir die 100-Millionen-Franken-Grenze in diesem Jahr knapp reissen», so Ruchet. Dabei sei die Zahl der Transaktionen im letzten Jahr «nicht wahnsinnig gestiegen, aber die Preise, die gezahlt werden, sind astronomisch hoch». Gehe dies so weiter, dann seien die Steuereinnahmen «auch in den nächsten Jahren noch hoch, aber dann flacht es ab», so Ruchet. Unangenehm dürfte für alle Eigenheimbesitzer sie Neuschätzung ihrer Liegenschaft ausfallen, sollte sie demnächst stattfinden, denn «daraus können dann bis zu 40 Prozent höhere Steuerwerte auf die eigenen Liegenschaften entstehen».
Text und Foto: Christof Lampart