Mediterrane Nächte auch am «Wyfelder Fritig» in Weinfelden
Versuche mit längeren Öffnungszeiten von Aussenwirtschaften führen nicht zu vermehrten Lärmklagen und werden insgesamt positiv aufgenommen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Hochschule Luzern im Auftrag der Konferenz der Städtischen Sicherheitsdirektorinnen und –direktoren.
Die Regeln für die Boulevard- und Terrassengastronomie werden in mehreren Schweizer Städten diskutiert. Öffnungszeiten werden verlängert oder Pilotversuche dazu politisch gefordert und durchgeführt. Bekannte Beispiele sind Basel, Bern, St. Gallen, Thun, Winterthur und Zürich. Dafür hat sich der Begriff der Mediterranen Nächte etabliert. Solche Massnahmen stehen im Spannungsfeld von gesellschaftlichem Wandel und sich widerstrebender Bedürfnisse: dem Bedürfnis, eine lebendige Ausgehstadt zu sein, und dem Ruhebedürfnis der Stadtbewohnerinnen und -bewohner.
Um einen Überblick zu gewinnen und den Erfahrungsaustausch unter den Städten zu fördern, hat die Konferenz der Städtischen Sicherheitsdirektorinnen und –direktoren (KSSD) zusammen mit sieben Städten eine vergleichende Studie in Auftrag gegeben. Diese fasst die gemachten Erfahrungen mit verlängerten Öffnungszeiten, aber auch mit weiteren Ansätzen und Modellen in den Städten Basel, Bern, Genf, Lausanne, Lugano, Luzern, St. Gallen, Thun, Winterthur und Zürich zusammen.
Nicht mehr Lärmklagen
Die Studie der Hochschule Luzern kommt zum Schluss, dass sowohl die bestehenden Regelungen als auch die Pilotversuche der letzten Jahre zu keiner Zunahme von Reklamationen geführt haben. Allerdings bewirken spätere Schliesszeiten teilweise eine zeitliche Verschiebung der Lärmbelästigungen.
Der Bericht führt die fast durchwegs positive Bewertung in den Städten unter anderem auf die Planbarkeit und Transparenz zurück, sowohl für Anwohnende als auch für die Betriebe. Die flankierenden Massnahmen wie Sicherheitsdienste, Information der Bevölkerung und Lärm-Hotline seien wenig beansprucht worden. Die Bekanntgabe einer Ansprechstelle sowie das Lärm-Monitoring würden jedoch die Akzeptanz unterstützen. Garten- und Terrassenwirtschaften können zu einer Durchmischung der Nutzenden im öffentlichen Raum beitragen – und damit zu mehr Sicherheit und Sauberkeit. Mehrere Städte unterscheiden bei ihren Regeln nach Gebieten: In einer Ausgehmeile stört ein nächtlicher Betrieb bei gleicher Lärmbelastung weniger als im Innenhof einer Wohnsiedlung.
Ausblick
Eine weitere Ausweitung der Öffnungszeiten bis in die Morgenstunden wird von vielen Beteiligten ne- gativ beurteilt. Dies nicht nur im Hinblick auf die Wohnbevölkerung, sondern auch aus ökonomischen Gründen: Das Angebot würde vom Publikum wohl nicht genügend genutzt.
Pilotversuche eignen sich offenbar gut, um die Auswirkungen von neuen Regeln und die Akzeptanz bei den Betroffenen zu testen. Sie ersetzen jedoch nicht die baurechtlichen Bewilligungsprozesse für dauerhafte Veränderungen. Schweizweite Entwicklungen, während in der Westschweiz bereits früh sehr liberale Regeln galten, werden diese derzeit im Sinne eines Gleichgewichts zwischen Nachtleben und Wohnen angepasst. Vermehrt wird wieder die Möglichkeit geschaffen, die Schliesszeiten in Wohngebieten oder während der Wochentage situativ früher anzusetzen. In der Deutschschweiz ist hingegen ein Trend zur Liberalisierung der Öffnungszeiten für Aussenwirtschaften auszumachen. West- und Deutschschweizer Städte gleichen sich damit zunehmend an.
Die Studie der Hochschule Luzern ist unter www.kssd.ch verfügbar und wird am 26. Mai 2023 an der öffentlichen Fachtagung Stadt-Lärm – Stadt-Leben in Luzern vorgestellt und politisch kommentiert.
zVg
Symbolfoto: Markus Keller – kellerthurgau.ch